Die Stadt ist sich bewusst, dass die Radfahrstreifen nicht den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zu parkenden Fahrzeugen haben und nun mit der Roteinfärbung kein Idealfall hergestellt worden ist. Die Radfahrstreifen hätte es schon vorher gegeben und würden „nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprechen“, so Stadtsprecher Peter van Dyk. Dies habe jedoch auf Grund der geringen Querschnittsbreiten der Straße nicht verbessert werden können.
Wegen mehrere Radunfälle galt diese Strecke als „Unfallhäufungslinie“. Auf Beschluss der Unfallkommission, die unter anderem aus Polizei und Tiefbauamt besteht, musste die Situation verbessert werden. Die Roteinfärbung soll bei allen Verkehrsteilnehmern erhöhte Aufmerksamkeit erzeugen. „Andernfalls hätte man die Radfahrstreifen komplett entfernen bzw. die Parkplätze drastisch reduzieren müssen, was beides keine Option ist“, so van Dyk.
https://www.waz.de/lokales/bochum/article407055997/radweg-in-bochum-rot-gefaerbt-trotzdem-kritik-von-radfahrern.html (26.08.2024)
»Die Radfahrstreifen komplett entfernen« oder »die Parkplätze drastisch reduzieren« ist »beides keine Option«? Warum eigentlich?
Das Tiefbauamt hat doch bereits mehrfach öffentlich festgestellt »Es gibt keinen Anspruch auf Parkflächen im öffentlichen Raum« – gilt das nicht auch an der Dorstener Straße?
Die gesamte Dorstener Straße (fertiggestellt 2006) gilt als »Unfallhäufungslinie« – mindestens so weit die Radfahrstreifen reichen: von der Einmündung Herner Straße / Am Kortländer bis zur A40.
2006 gab es noch keine ERA 2010, aber wohl die ERA 95. Und auch da war schon deutlich auf die Notwendigkeit von Sicherheitsräumen zu parkenden Kfz hingewiesen worden.
Mittlerweile sind auch die ERA 2010 inhaltlich überholt und die FGSV stellt deutlich höhere Anforderungen an Radwege und Radfahrstreifen.
Ohne parkende Kraftfahrzeuge am Fahrbahnrand wäre der Radfahrstreifen effektiv 75 cm breiter. Aber auch knapp 1,50 m sind immer noch zu wenig: 2,00 m ist das Mindestmaß, 2,40 m verspricht die Stadt Bochum im eigenen Radverkehrskonzept.
Aufgrund der rechtlichen Situation hätte das TBA sich weigern müssen, die Rotfärbung vorzunehmen: Sie ist verkehrsgefährdend.
Nicht zu vergessen: Sichere Radwege setzen sichere Gehwege voraus. Denn Radfahren beginnt für Kinder auf dem Gehweg. 2,30 m hindernisfreier Raum ist hier das absolute Mindestmaß.
Die Stadt Bochum tut aber so, als hinge die Sicherheit des Radverkehrs vom Baujahr der Straße ab: 2006 gebaut sind nicht vorhandene Sicherheitstrennstreifen kein Problem, 2024 aber sehr wohl? Das ist zynisch.
Der ADFC Bochum hatte in einer Pressemitteilung am 14.08.2024 zu der Rotfärbung der Radfahrstreifen festgestellt:
Die Probleme dieses gefährlichen Radfahrstreifens bleiben bestehen: Die unzureichende Breite der Fahrradspur und der fehlende Sicherheitsstreifen zu parkenden Autos erzwingt das Radfahren in der gefährlichen Dooring Zone.
Der Radweg widerspricht allen aktuellen Vorgaben für sichere Infrastruktur. … Mehrere Radfahrer:innen wurden auf der Dorstener Straße bereits schwer verletzt.
Die Rotmarkierung hilft hier nicht, die Straße sicherer für Radfahrende zu machen. Im Gegenteil, sie zwingt Radfahrer:innen noch stärker in die gefährliche Zone sich öffnender Autotüren. Bei solchen Unfällen träfe Radfahrer:innen absurderweise sogar eine Mitschuld. Sie sind angehalten, einen Meter Abstand zum Straßenrand zu halten, um Vorsicht gegenüber öffnenden Autotüren zu halten.
Die unhaltbare Situation auf der Dorstener Straße wird dadurch komplettiert, dass der vorgeschriebene Abstand des motorisierten Verkehrs zu Radfahrenden von 1,5 m an vielen Stellen nicht möglich ist. … In der Alltagsrealität werden Radfahrende dennoch ständig ohne die Beachtung dieses Abstandes überholt.
Pressemitteilung des ADFC Bochum vom 14.08.2024
Dabei sind die Radfahrstreifen nicht einmal auf ganzer Länge eingefärbt:
Von der Reichsstraße bis zur A40 gibt es keine Rotfärbung. Genauso wenig von der Herner Straße / Am Kortländer bis zum Westring. Aber gerade dieser Abschnitt ist besonders gefährlich. Auch die beiden Kreuzungsbereiche A40 und Westring sind nicht rot eingefärbt.
Das sind die sofort einzuhaltenden Minimalanforderungen:
- Mindestens 2,0 m breite Radfahrstreifen
- 75 cm breite Sicherheitstrennstreifen zu parkenden Kfz.
- Der Überholabstand von 1,50 m muss eingehalten werden können.
- Minimale Gehwegbreite (hindernisfrei) 2,30 m
Und es gibt Lösungswege:
- Tempo 30 – dann braucht man keine Radwege.
- Verbot, Radfahrer zu überholen – führt automatisch zu Tempo-30, schützt aber nicht vor Auto-Terror.
- Wegfall von Kfz-Parkplätzen – spart immerhin den Sicherheitstrennstreifen.
Die Stadt Bochum – Politik und Tiefbauamt – wissen das genau. Ich habe diese Lösungen in meiner Bürgeranregung vom Januar 2023 dargestellt.
Mehr dazu auf bovelo.de:
Dorstener Straße: Das endlose Drama#GO24-Dorstener (9. August 2024)
Dorstener Straße: Wann hält Bochum sich endlich an die einfachsten Regeln? (13. August 2024)
Dorstener Straße: Die rote Linie (25. Juli 2024)