Der Angstraum wird verschönert

Hauptstraße Langendreer (B235)

Bild: Hauptstraße, S-Bahn-Unterführung Langendreer-Ost (4.10.2024)

Das Problem bleibt.

Die WAZ berichtete am 4.10.2024 über einen »Angstraum« in Bochum: Die Unterführung der Hauptstraße am S-Bahnhof Langendreer Ost. »Nach zehn Jahren« sei eine Lösung in Sicht. Das stimmt und stimmt noch mehr nicht. In dem Artikel ist ausschließlich von Fußgängern die Rede. Dabei ist diese Unterführung primär ein realer Angstraum für Radfahrer. Aber darüber spricht niemand.

Der schmuddelige Tunnel ist für viele Bürger ein ständiger Angstraum. Gerne geht hier niemand durch. 

Das »subjektive Sicherheitsgefühl« der Fußgänger war immerhin Anlass zu Aktionen auf höchster Ebene:

Bezirksbürgermeister Dirk Meyer (SPD) berichtet von einem Treffen mit OB Thomas Eiskirch und Stadtbaurat Markus Bradtke, in dem ihm letzterer bestätigt habe, dass es in Sachen Bahn-Unterführung in Langendreer jetzt zu einem Deal zwischen Stadt und Deutscher Bahn gekommen sei.1

Wenn es aber um die objektive Sicherheit des Radverkehrs an dieser Stelle geht, bemüht sich die Stadt Bochum erfolgreich um eine maximale Verschlechterung.

Das Problem beginnt im Norden am Kreisverkehr an den ehemaligen Opel-Werken. Nördlich davon hat der Umbau der Provinzialstraße auf Dortmunder Gebiet schon vor Jahrzehnten begonnen. Aktuell wird auch die Hauptstraße auf Bochumer Gebiet in gleicher Weise umgebaut: Von einer vierstreifigen Autoverkehrstraße mit wildem Parken auf beiden Seiten zu einer „Complete Street«, die nicht den Autoverkehr maximieren soll, sondern auch den Bedürfnissen von Fußgängern und Radfahrern gerecht wird. Im Prinzip entspricht das dem Ansatz, der im südlichen Abschnitt der Herner Straße unzureichend und an der Oskar-Hoffmann-Straße – zwischen Königsallee und Universitätsstraße – einigermaßen zufriedenstellend umgesetzt wurde.

Oskar-Hoffmann-Straße nach dem Umbau: Radfahrstreifen mit Sicherheitstrennstreifen zu parkenden Kfz.
Hauptstraße Langendreer an den Opel-Werken: Vier Fahrstreifen und auf beiden Seiten absolut untaugliche gemeinsame Geh- und Radwege mit Benutzungspflicht. (Bild von 2011)
Die Situation 2011 unmittelbar vor der Unterführung: Der ohnehin zu schmale Gehweg in der Unterführung mit den Zugängen zur S-Bahn ist als benutzungspflichtiger, getrennter (!) Geh- und Radweg ausgeschildert!
Hauptstraße, Stadtgrenze Dortmund-Bochum 2011. Bochum hat sich geweigert, Radfahrstreifen anzulegen. Die Verkehrsverhältnisse seien völlig anders als in Dortmund.

Ein Umbau analog zur Dortmunder Baumaßnahme ist aufgrund der auf Bochumer Stadtgebiet völlig anders gearteten Randbedingungen – wenn überhaupt – nur mit großem finanziellem Aufwand zu realisieren. Dies ist aufgrund der Haushaltslage langfristig nicht möglich.
Um Radfahrstreifen auf der Hauptstraße anbieten zu können, müsste das Parken am Fahrbahnrand zumindest einseitig aufgegeben werden, um die erforderlichen Querschnittsbreiten realisieren zu können. Dies ist aufgrund des Parkdrucks in diesem Abschnitt nicht durchzuhalten.
Da die Fahrbahnmarkierung überwiegend genagelt ist und nicht „unsichtbar“ entfernt werden kann, wäre zudem eine Deckenerneuerung erforderlich.

Beschlussvorlage Nr.: 20121054 vom 26.06.2012 als Antwort auf meine Bürgeranregung nach GO NRW § 24 vom April 2012..

Zehn Jahre später – von 2022 bis 2024 – erfolgte dann der Umbau der Hauptstraße genau so wie von mir im Namen des ADFC Bochum angeregt – aber nur bis zum Kreisverkehr.

Die benutzungspflichtigen Radwege sollten immerhin schon 2012 aufgehoben werden.

Streckenabschnitt von „Auf dem Glück“ bis Bonackerweg:
Der Gehweg wird als Sonderweg Fußgänger, Radfahrer frei beschildert. Im Einmündungsbereich des Wallbaumweges werden zusätzlich Radpiktogramme in die Furt markiert.
In Fahrtrichtung Dortmund gilt dies zwischen Wallbaumweg und Somborner Straße analog.

Beschlussvorlage 20121054 (26.06.2012)

An der Hauptstraße nördlich des S-Bahnhofs Langendreer Ost hat die Stadt Bochum nach dem Bau des Kreisverkehrs an den ehemaligen Opel-Werken die Situation deutlich verschlimmert: Vor und im Kreisverkehr hat die Hauptstraße nur einen Fahrstreifen, danach aber wieder zwei – obwohl auch die Unterführung nur einen Fahrstreifen pro Richtung hat.

Insgesamt gibt es auf diesem Abschnitt vier Fahrstreifen, davor und danach aber nur zwei.
Und auf dem ganzen Abschnitt gilt Tempo 30! Auf einer Bundesstraße und ohne erkennbare Begründung.
Die Straße hat eine üppige Breite. Warum wird der Radfahrstreifen nicht bis zur der Unterführung weitergeführt?

Hauptstraße hinter dem Kreisverkehr: Der rechte Fahrstreifen wird wenig später zum Rechtsabbiegestreifen. Der Gehweg ist wieder als benutzungspflichtiger gemeinsamer Geh- und Radweg ausgeschildert.
Hauptstraße Langendreer (B235)
Hauptstraße Langendreer (B235), Ende des benutzungspflichtigen Geh- und Radwegs.

Das ist nicht nur ein »Angstraum«, das ist eine Falle.

Vom Kreisverkehr an ist der Gehweg rechts als benutzungspflichtiger, gemeinsamer Geh- und Radweg ausgeschildert. Zwei Fahrstreifen für den motorisierten Verkehr, kein Radfahrstreifen für die nicht motorisierten Fahrzeuge.
Und dieser »Radweg« hat weder einen Anfang, noch ein Ende. Er beginnt im Nichts und endet im Nichts: Unmittelbar im Kreuzungsbereich vor der Unterführung. Das ist nicht nur ein Angstraum, sondern eine reale Gefahr. An der Querung Wallbaumweg gibt es keine Piktogramme, die auf Radfahrer hinweisen würden und die Bordsteine sind natürlich auch nicht abgesenkt. Radfahrer haben hier Vorfahrt gegenüber Rechtsabbiegern – aber nur theoretisch.

Man kann Radfahrern angesichts dieses Totalversagens der Stadt Bochum nur empfehlen, vom Kreisverkehr aus Richtung Langendreer mitten auf dem linken Fahrstreifen zu fahren – trotz Benutzungspflicht. Der »Radweg« ist eindeutig unzumutbar.

Die Grundregel »einfach geradeaus fahren« wird hier mit Füßen getreten.

Mehr dazu:
Einfach nur geradeaus fahren
Viktoriastraße – einfach nur geradeaus fahren …
Wittener Straße: Aber nicht geradeaus
Alleestraße: Nur Autos im Kopf.

In der Unterführung gilt immerhin Tempo 30.

  1. https://www.waz.de/lokales/bochum/article407385114/angstraum-in-bochum-nach-zehn-jahren-ist-loesung-in-sicht.html (WAZ+) ↩︎

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