(Bild: Dorstener Straße – A 40, Fahrtrichtung Zentrum. Foto von 2008. Bis heute unverändert.)
Alles Notwendige über Radwege kann man mit zwei Sätzen sagen:
1. Radwege beginnen und enden auf der Fahrbahn.
2. Die Entwurfsgeschwindigkeit für Radwege beträgt 25 km/h.
Ergänzend:
3. Gehwege sind keine Radwege.
Das erste Prinzip: Radwege beginnen und enden auf der Fahrbahn.
Fahrräder sind Fahrzeuge. Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen. Also müssen Radwege auf der Fahrbahn beginnen und enden. Konsequent verlangen die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)
daher:
Der Übergang zwischen Seitenraum und Fahrbahn bzw. umgekehrt ist so auszubilden, dass er mit Fahrrädern stossfrei in direkter Führung und ohne Verschwenkungen erreicht bzw. verlassen werden kann.
(ERA 2010, Kap. 11.1.6, S. 78)
Bei Radverkehrsstreifen ist diese Anforderung per se eingehalten.
Das zweite Prinzip: Die Entwurfsgeschwindigkeit für Radwege beträgt 25 km/h.
1965 hat der Gesetzgeber die Höchstgeschwindigkeit für einspurige, einsitzige Fahrräder mit Hilfsmotor (Mofa ~ Motor-Fahrrad) auf ebener Bahn auf 25 km/h begrenzt. Diese Grenze gilt bis heute und auch für Fahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb (Pedelecs).
Dahinter steht die realistische Annahme, dass Radfahrer mit Fahrrädern ohne Hilfsantriebe in der Ebene in der Regel nicht schneller als 25 km/h fahren. Also sind Radwege durchgehend für diese Geschwindigkeit zu bauen. Sonst wären sie ungeeignet für Fahrräder. Diese Entwurfsgeschwindigkeit ist insbesondere auch am Radweganfang, am Radwegende und an Kreuzungen und Einmündungen zu gewährleisten.
Da Fahrbahnen für den Kfz-Verkehr immer mit weit höheren Entwurfsgeschwindigkeiten geplant werden, ist diese Anforderung mit Radverkehrsstreifen auf der Fahrbahn per se eingehalten.
Es ist klar, dass baulich ausgeführte Radwege im Seitenraum (»Bordsteinradwege«) diese Bedingungen in der Regel nicht erfüllen. Den Verantwortlichen für die Radwege (Politiker, Planer, Juristen) ist das oft zu viel, weil unbequem. Deswegen wollen manche Experten Radfahrern am liebsten eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h verordnen, die bei Kfz als »erweiterte Schrittgeschwindigkeit« durchgeht. [Oder sie betrachten Radfahrer als »qualifizierte Fußgänger«, die im Zweifelsfall absteigen und schieben sollen.]
Oder weniger – je nachdem wie schlecht die Radwege gerade sind. Nach dieser Logik ist die Sicherheit des Radverkehrs am einfachsten herzustellen, indem man die Fahrräder zum Stillstand bringt.
Sachgerecht ist, dass jeder jeden Radweg (egal, ob benutzungspflichtig, egal ob Bordsteinradweg oder Radfahrstreifen) mit 25 km/h benutzen kann. Dass dann einige schneller fahren (könnten), ist dadurch nicht ausgeschlossen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit und die V85 auf den Radfahrstreifen liegt mit 19-20 bzw. 24-26 km/h geringfügig höher als auf den meisten Radwegen oder Schutzstreifen. Auf anforderungsgerechten Radwegen und Schutzstreifen können die Nutzer jedoch vergleichbar hohe Geschwindigkeiten realisieren.
BASt-Bericht V 184 “Unfallrisiko, Konfliktpotential und Akzeptanz der Verkehrsregelungen von Fahrradfahrern”, 2009
Dass auf Gefällestrecken von höheren Geschwindigkeiten auszugehen ist, steht seit langem in den ERA.
Oder man beachtet die Straßenverkehrsordnung: Fahrräder sind Fahrzeuge. Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen.
Aufhebung der Benutzungspflicht als Ausweg?
Die Autoren der ERA 2010 werden nicht müde zu betonen, dass es keine Radwege 2. Klasse geben darf.
Die Sicherheitsanforderungen an Radwege sind dieselben, egal ob sie benutzungspflichtig sind oder nicht.
Die Scheinlösung, die Benutzungspflicht für die “schlechten” Radwege aufzuheben, ist keine. Die Verkehrssicherungspflicht gilt weiter – unverändert.
(Zuerst erschienen in: ADFC Bochum: Zur Hölle mit der AGFS!* Schwarzbuch Radverkehr Bochum 2014, S. 4-5)
* Anmerkung (2014):
2014 bewirbt sich die Stadt Bochum um die Aufnahme in die „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V.“ (AGFS). Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens wird eine Kommission der AGFS Bochum bereisen, um vor Ort festzustellen, ob Bochum es ernst meint mit der Fahrradfreundlichkeit. Die WAZ bezeichnete Bochum als „Fahrradhölle“. Um die Bewerbung Bochums zu prüfen, muss die AGFS also zur Hölle fahren. Das finden wir gut.