Der Radweg an der Wittener Straße zwischen »Alte Wittener Straße« und »Ümminger Straße« ist in beiden Richtungen als benutzungspflichtig ausgeschildert.

Ist der Radweg benutzungspflichtig?
Für die Benutzungspflicht gibt es vier Kriterien:
- Der Radweg muss fahrbahnbegleitend sein.
- Der Radweg muss als Radweg ausgeschildert sein.
- Die Benutzung muss zumutbar sein.
- Der Radweg muss befahrbar sein.
Der Radweg ist hier zweifelsfrei fahrbahnbegleitend.
Auf den ersten Blick ist der Radweg auch in beiden Richtungen mit Zeichen 240 als »Gemeinsamer Geh- und Radweg« ausgeschildert und wäre deshalb benutzungspflichtig.
»Zweirichtungsradwege bedürfen einer Beschilderung mit Zeichen 237 StVO „Radweg“ oder mit Zeichen
240 StVO „gemeinsamer Geh- und Radweg“ oder Zeichen 241 StVO „getrennter Rad- und Gehweg“ von jeder Seite.« (ERA 2010, Seite 26)
Der zweite Blick offenbart erhebliche Zweifel.

Die Betrachtung folgt dem »Radweg «von der »Alten Wittener Straße« Richtung »Ümminger Straße«.
Der Verbindungsweg von der Alten Wittener Straße zur Wittener Straße ist nicht beschildert. Also ist er ein Gehweg und kein Radweg. Es gibt keinen Hinweis, dass dieser Weg ein Radweg sein könnte. Am Ende des Verbindungswegs ist der Gehweg an der Wittener Straße ebenfalls nicht beschildert – also kein Radweg.
Nur Radfahrer, die vom Weg am Oelbach kommen und die Wittener Straße überquert haben, können ein Schild sehen. Das heißt: Je nachdem aus welcher Richtung ein Radfahrer kommt, ist derselbe Weg ein benutzungspflichtiger Radweg oder ein Gehweg, der nicht befahren werden darf. Das war auch schon vor 10 Jahren so. So geht das nicht.

An der Einmündung des Wegs am Oelbach steht ebenfalls kein Schild am Gehweg, das ihn als Radweg kennzeichnen würde. Also nicht nur keine Benutzungspflicht, sondern ein Fahrradverbot, da es sich um einen reinen Gehweg handelt. Nur Radfahrer, die vom Weg am Oelbach her kommend die Wittener Straße gequert hatten und hier weiter Richtung Langendreer fahren, könnten sich auf einem benutzungspflichtigen Radweg wähnen.
Wer mit dem Rad vom Ümminger See kommt, darf hier strenggenommen weder nach links, noch nach rechts abbiegen, sondern müsste auf der Fahrbahn weiterfahren.

Einmündung in Höhe »Alte Ümminger Straße«. Das Zeichen 240 ist an beiden Seiten des Schildermasts angebracht. In Fahrtrichtung Langendreer steht es also auf der falschen Seite und vor der Einmündung.
Das heißt: Hinter der Einmündung und für alle, die vom Ümminger See kommend Richtung Langendreer fahren, gibt es hier keinen Radweg mehr.


Ab hier wird es besonders spannend:
Es fehlt nicht nur das Zeichen 240 hinter der Einmündung. Selbst wenn der Weg an dieser Stelle korrekt als »Gemeinsamer Geh- und Radweg« ausgeschildert wäre: Der Radweg kann nicht benutzungspflichtig sein.

In Gegenrichtung ist der Weg von der Ümminger Straße her korrekt mit Zeichen 240 als »Gemeinsamer Geh- und Radweg« ausgeschildert. Aber auf der ganzen Wegstrecke ist der Weg durch die Baumscheiben so weit eingeengt, dass er nicht einmal in Fahrtrichtung rechts gelegen benutzungspflichtig sein könnte: Die Benutzung ist mangels Wegbreite nicht zumutbar.
Auf der Wittener Straße gilt ab Ümminger Straße eine Tempolimit von 70 km/h. Laut ERA 2010 ist
bei baulich angelegten Radwegen vom Fahrbahnrand bei Kraftfahrzeuggeschwindigkeiten über 50 km/h (Vzul) ein Sicherheitstrennstreifen mit 0,75 m Breite erforderlich (ERA 2010, Seite 25). Der Sicherheitstrennstreifen sollte zudem baulich vom Radweg »deutlich unterscheidbar« sein.
»Von Baumscheiben soll ein Sicherheitsabstand von mindestens 0,25 m eingehalten werden.« (ERA 2010, Seite 25).
Berücksichtigt man beide Bedingungen, verbleibt hier eine Radwegbreite von 0,50 m.
Das Regelmaß von baulich angelegten Zweirichtungsradwegen beträgt bei einseitiger Führung 3,00 m.
ERA 2010, S. 26
Von der erforderlichen Breite fehlen hier also nur 2,50 m. Der Gehweg ist in keiner Fahrtrichtung sicher befahrbar: Keine Benutzungspflicht.
An der Einmündung der Zufahrtsstraße vom Uemminger Hof kam es vor kurzem zu einem Unfall, bei dem eine Radfahrerin von einem Auto angefahren und schwer verletzt wurde. Die Radfahrerin:
Der Autofahrerin war nicht bewusst, dass hier auch Fahrräder entgegen der Fahrtrichtung fahren dürfen, sie hat nur nach links geschaut und als da alles frei war, fuhr sie los. Ich kam für sie von rechts und befand mich bereits direkt vor ihrem Auto, als sie mich erfasste und auf die Wittener Straße schob.
Abgesehen von der fehlerhaften Beschilderung des Radweges, die auch die Polizisten bei der Unfallaufnahme schwer irritiert hat:
An Kreuzungen und Einmündungen sowie an verkehrsreichen Grundstückszufahrten wird der Verkehr, soweit er wartepflichtig ist, durch das Zeichen 1000-32 StVO (Sinnbild „Fahrrad“, beide Richtungen) auf links fahrenden Radverkehr hingewiesen.
ERA 2010, S. 26
Von dieser vorgeschriebenen Beschilderung gibt es an der Einmündung keine Spur. Eigentlicher Unfallverursacher ist hier also die Stadt Bochum.
Vom Reiten toter Pferde
Der Stadt Bochum, insbesondere auch dem Tiefbauamt, war schon vor mehr als 10 Jahren genau bekannt, dass dieser Gehweg an der Wittener Straße kein Radweg sein kann. Statt eine regelkonforme Lösung zu suchen, hat die Stadt Bochum sich aber entschlossen, den sogenannten »Radweg« aufwendig zu renovieren. Jetzt hat man einen schöneren Gehweg, aber deshalb noch lange keinen Radweg.
Dasselbe hatte die Stadt Bochum vorher schon einmal an der Harpener Straße vorgeführt:
Ein untauglicher Radweg wurde aufwendig renoviert mit dem Ergebnis, danach einen schöneren untauglichen Radweg zu haben.
»Zur Hölle mit der AGFS!«
war der Titel des »Schwarzbuchs Radverkehr Bochum 2014«, herausgegeben vom ADFC Bochum anlässlich der Bewerbung der Stadt Bochum um Aufnahme in die AGFS NRW.
Die WAZ bezeichnete Bochum als „Fahrradhölle“. Um die Bewerbung Bochums zu prüfen, muss die AGFS also zur Hölle fahren. Das finden wir gut.
Schwarzbuch Radverkehr 2014
Auf den Seiten 18-21 des Schwarzbuchs war 2014 von genau demselben »Radweg« die Rede, der 2025 immer noch kein Radweg ist.

Die Wittener Straße hat auf der nördlichen Seite einen Gehweg, der als benutzungspflichtiger gemeinsamer Geh- und Radweg im Zwei-Richtungs-Verkehr ausgeschildert ist. Die Stadt Bochum hat durch das beidseitige Radfahrverbot auf der Wittener Straße zwischen Opel-Werk und östlicher Einmündung Alte Wittener Straße diesen Gehweg als einzige Radverkehrsverbindung in diesem Bereich deklariert.
Anregung des ADFC Bochum, behandelt im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden im April 2014.
Abgesehen davon, dass dieser Gehweg zwischen Alte Ümminger Straße und Ümminger Straße nicht die erforderliche Breite aufweist, um überhaupt als gemeinsamer Geh- und Radweg im Zwei-Richtungs-Verkehr ausgewiesen werden zu dürfen, fehlt im Kreuzungsbereich Ümminger Straße jede Radverkehrsführung. Wenn dieser Gehweg als gemeinsamer Geh- und Radweg im Zwei-Richtungs-Verkehr ausgewiesen werden soll, muss zwingend die erforderliche Breite von 3,00 m (nach ERA 2020) hergestellt werden.
Außerdem ist am Ende eines Zwei-Richtungs-Radweges zwingend eine Überleitung von der linken Seite auf die rechte Seite erforderlich. Diese Überleitung fehlt in der Planung.
Auch die Verbindung des Radweges an der Unterstraße zu dem als Radweg ausgewiesenen Gehweg an der Wittener Straße ist in den Plänen nicht zu erkennen.
Die Verwaltung hat auf die Anregung entgegnet:
Der Zweirichtungsradweg entlang der Wittener Straße verfügt auf gesamter Länge über eine Breite von 3.00 m bis 3,50 m und ist nur an einigen Stellen durch Baumscheiben punktuell geringfügig eingeschränkt.
Vorlage 20140677, April 2014
Das war schon damals gelogen.
Von den vier Fahrstreifen der Wittener Straße zwischen »Ümminger Straße« und »Alte Wittener Straße« sind zwei überflüssig wie ein Kropf. Genau wie an der Bessemer und der Essener Straße.
»Langfristig« muss die Wittener Straße vom Südring bis Langendreer Markt durchgehende Radwege haben. Machbar ist das. Die Stadt Bochum will das nur nicht – wie man schon am Pilotprojekt von 1988 ablesen konnte.
Vergleiche: Zur Hölle mit der AGFS! Schwarzbuch Radverkehr Bochum 2014 (Pdf)