Bild: Protected Bike Lane, Westring Herne. Nur noch ein Fahrstreifen.
Als Alternative zum »Radkreuz« in Bochum wäre auch ein fahrradfreundlicher Innenring denkbar, ein Rad-Ring.
Im 1. Quartal 2025 will die Verwaltung eine Planung für Radwege am Südring vorlegen. Einfach die alten Radwege von 1962 reaktivieren, geht nicht. Es gab zu viele Veränderungen, sowohl baulich als auch in den Regelwerken. Die Anforderungen an Breite, Sicherheitsbereiche und Überholabstand sind höher geworden – vor allem, weil mehr Autos auf den Straßen fahren und parken.
Die Ausgangssituation
Der Innenring hat zwei Richtungsfahrbahnen mit je zwei durchgehenden Fahrstreifen plus Links- und Rechtsabbiegespuren. Die beiden Kreuzungen an der Viktoriastraße und an der Wittener Straße / Boulevard haben jetzt beide jeweils insgesamt 21 (in Worten: einundzwanzig) Fahrstreifen – und so gut wie keine Radwege.

Über die Kreuzung führt eine Fahrradfurt. Dahinter gibt es gar nichts mehr.
Radfahrstreifen
Mit einem Radfahrstreifen auf der Fahrbahn würde jeweils einer der beiden durchgehenden Fahrstreifen entfallen (Breite 2,40 m laut RVK plus ggf. 0,75 m Sicherheitstrennstreifen zu parkenden Kfz). Eine »Protected Bike Lane« wäre auch denkbar, dann wäre Parken am rechten Rand gar nicht mehr möglich. In beiden Fällen bliebe auf dem Innenring je ein Fahrstreifen pro Richtung für den motorisierten Verkehr übrig. Schwierig wird die Verflechtung der Verkehrsbeziehungen (links – rechts – geradeaus) an den vierarmigen Kreuzungen für die beiden getrennten Verkehrsarten.
Zwei-Richtungs-Radweg
Am Nordring soll im Zug der Veloroute 1 auf einem kurzen Stück ein Zwei-Richtungs-Radweg an der Außenseite des Innenrings gebaut werden. Dafür braucht man etwa vier Meter Platz.
Für die Querung des Nordrings muss eine zusätzliche Ampelanlage (LSA) installiert werden.
Die baulichen Eingriffe sind erheblich:
Hier wird der Seitenbereich von ca. 4,70 m (Gehweg und Längsparkstreifen) verbreitert, um einen Zweirichtungsradweg von 3 m Breite zzgl. 0,75 m Sicherheitsstreifen zur Fahrbahn und 0,3 m Noppenplatten in Richtung Gehweg aufzunehmen. Für die geplante Erweiterung des Seitenraums wird die Mittelinsel der Straße angepasst, um weiterhin zwei Fahrstreifen je Fahrtrichtung beizubehalten. Es entfallen vier Straßenbäume: davon zwei auf der Mittelinsel und zwei auf dem Längsparkstreifen. Insgesamt entfallen auf dem Nordring durch den Bau des signalisierten Knotenpunktes und des Zweirichtungsradweges im Straßenseitenraum ca. 7 Stellplätze. Der Gehweg bleibt inkl. Noppenplatten 2,5 m breit.
Beschlussvorlage 20242498 vom 08.10.20241
Die Kosten für diese Maßnahme auf ca. 80 m Innenring belaufen sich auf 800.000 € aus eigenen Mitteln der Stadt Bochum. Eine Förderung gibt es nicht. Für die Stadt Bochum ist also diese kleine Maßnahme wesentlich teurer als die ganze Opel-Bahn, für die nur 500.000 € Eigenmittel nötig sind.
Pikant ist auch , dass man dann trotz des aufwendigen Zwei-Richtungs-Radwegs am Nordring mit dem Fahrrad nicht geradeaus weiterfahren kann – in keiner der beiden Richtungen! Die einzige Lösung ist das vorzeitige Verlassen der Radverkehrsführung beim Queren des Nordrings oder der Schillerstraße.
Auch die Frage, wie man vom Nordring aus auf die Veloroute #1 kommen soll, bleibt unbeantwortet.
Zudem wird die erforderliche Gehwegbreite anders als versprochen nicht eingehalten und der Radweg wird schmaler, wo er am breitesten sein müsste: in der Kurve zur Querung des Nordrings.

Der Gehweg ist an der schmalsten Stelle – im Kreuzungsbereich – netto nur 1,76 breit.
Vom Bergbaumuseum kommend ist der Radweg an der kritischen Stelle zu schmal.
Die Planung ist nicht regelkonform.
Man kann versuchen, sich vorzustellen welche baulichen Maßnahmen, Kosten und Probleme für den ganzen Innenring anfallen würden.
Dazu kommt, dass am Südring nach aktuellem Stand wahrscheinlich kein Zwei-Richtungs-Radweg gebaut wird. Zwei-Richtungs-Radwege haben den gravierenden Nachteil, dass zum Abbiegen sehr oft die komplette Fahrbahn überquert werden muss, was ohne Ampeln nicht sicher machbar ist. Außerdem fährt der Radverkehr auf einem Zwei-Richtungs-Radweg ungefähr zur Hälfte in der »falschen« Richtung, was ein erhebliches Unfallpotential mit querenden Kfz an jeder Einmündung zur Folge hat.
Also kommt ein Zwei-Richtungs-Radweg nicht in Frage. Gleichzeitig muss der Innenring aber eine durchgehend einheitliche Radverkehrsführung erhalten. Ein unaufhebbarer Widerspruch.
Radfahrstreifen andererseits würden die Zahl der Fahrstreifen am ganzen Innenring halbieren: Pro Richtung bliebe nur noch ein Fahrstreifen. Genau das will Bochum am Nordring verhindern.
Gibt es eine Alternative?
Auch wenn es eine Radverkehrsführung am Innenring gäbe, blieben die übrigen Anforderungen ja erhalten: Durchgangsverkehr (der Innenring ist Bundesstraße), Anliegerverkehr, Lieferverkehr, Busverkehr und Fußverkehr (Gehwege). Die Gehwege am Innenring haben oft nicht die erforderliche Breite. Zudem wird am Innenring immer noch geparkt. Ein parkender Pkw beansprucht aber mit den notwendigen Sicherheitsräumen nicht 2,10 m, sondern 3,60 m Breite.
Woher soll also die benötigte Fläche kommen?

An allen Ampeln gibt es aufgeweitete Auffangradstreifen. Radfahrer können sich immer vor den Autos aufstellen und in alle Richtungen weiterfahren. Anders der Autoverkehr.
Wie wäre es mit einer Fahrradstraße?
Eine Fahrradstraße ist zwar primär für Fahrräder gedacht, wird aber in aller Regel auch für motorisierten Verkehr freigegeben. Es gilt ein Tempolimit von 30 km/h. Man könnte also die innere, am Zentrum liegende Fahrbahn zur Fahrradstraße machen und den motorisierten Durchgangsverkehr über die äußere Fahrbahn abwickeln. Wenn die äußere Fahrbahn zur Einbahnstraße gegen den Uhrzeigersinn wird, hätte man den gleichen Effekt wie bei einem Kreisverkehr: Die Zahl der Linksabbiegevorgänge wird drastisch reduziert. Der Nachteil: Um mit dem Auto z.B. von der Wittener Straße zur Universitätsstraße zu kommen, müsste man einmal um den Ring fahren – oder eine alternative Strecke benutzen. Der MIV auf dem Ring würde also reduziert.
Die Tiefgaragenzufahrten innerhalb des Rings müssen frei bleiben, aber nur geradeaus von der jeweiligen Radialstraße her. Dafür muss es an allen Radialstraßen genau eine separate Geradeausspur geben mit einer vorgezogenen Aufstellfläche für den Radverkehr. Links abbiegen dürfen nur noch Radfahrer – in die Fahrradstraße.
Kfz können Radfahrer auf einer Fahrradstraße nur in Ausnahmefällen überholen (Radfahrer dürfen immer nebeneinander fahren). Das trägt zur Verkehrsberuhigung bei.
Trotzdem muss man auf der Ring-Fahrradstraße Regelungen treffen, die es unmöglich machen, mit dem Auto auf der Fahrradstraße um den Ring zu fahren.

Auf der Ring-Fahrradstraße sollen nur die die Kraftfahrzeuge fahren, die dort fahren müssen (Liefer- und Anliegerverkehr) – wie z.B. auch auf dem Boulevard. Das lässt sich durch vorgeschriebene Fahrtrichtungen für Kfz an jeder Radialstraße bewerkstelligen (übliche Praxis an Fahrradstraßen).
Bleibt nur noch der ÖPNV. Die BOGESTRA müsste entscheiden, auf welcher Fahrbahn ihre Busse fahren sollen.
An der äußeren Fahrbahn dürfte dann gar nicht mehr geparkt werden (Verkehrsbehinderung), an der Fahrradstraße nur an wenigen Stellen und nur kurzzeitig (Lieferverkehr).
Die innere Fahrbahn als Fahrradstraße kann dann auf Ampelanlagen verzichten – es gilt ja Tempo 30. Nur zur Querung der äußeren Fahrbahn wären noch Ampeln erforderlich. Dadurch steigt die Leistungsfähigkeit der Straße. Übrig bleibt nur die Frage, ob auf der Fahrradstraße Rechts-vor-Links gelten soll oder eine andere Vorfahrtregelung. Für Radfahrer wäre wohl beides machbar.

Es kommt darauf an, die Fahrradstraße Innenring für Radfahrer so attraktiv zu machen, dass kein Radfahrer mehr auf der Bundesstraße fahren will – freiwillig. Dafür kommt es – insbesondere an den Kreuzungen – auf jedes einzelne Detail an.