Die »Umfahrungsstrecke Radschnellweg«

Update vom 13.07.2025: Die Kreuzung Gahlensche Straße / An der Jahrhunderthalle.
Update vom 6.7.2025: Verbessert, aber noch lange nicht gut.
Zuerst veröffentlicht am 4.7.2025.
Wie angekündigt hat die Stadt Bochum zum Radschnellweg RS1 zwischen Darpestraße und Jahrhunderthalle eine Umfahrungsstrecke für die fehlenden Brücke über die A40 angelegt. Die Brücke kommt frühestens in drei Jahren. Die Umfahrung funktioniert sogar – wenn man sehr, sehr vorsichtig ist. Vorsicht ist geboten, weil die Strecke erhebliche Sicherheitsmängel hat. Für Kinder ist die Strecke überhaupt nicht sicher.

Ich bin gespannt, ob die wissenschaftliche Begleitung des Projekts durch die Hochschule Bochum diese Sicherheitsmängel zu Tage fördert.

Am Ende des ersten Bochumer Teilstücks des RS1, das tatsächlich die vom Land NRW vorgegebenen Radschnellweg-Standards erfüllen soll, landet man – von Gelsenkirchen kommend – nördlich der A40 an der Darpestraße. Dieser Abschnitt des RS1 soll – abgesehen von der Brücke über die Parkstraße – im August 2025 fertig sein. Die Bauarbeiten machen langsam Fortschritte, aber der Radschnellweg ist schon gut erkennbar. Fraglich ist, ob Bochum oder Gelsenkirchen ihren Abschnitt zuerst fertig haben werden.

An der Darpestraße wird eine Abfahrt vom RS1 gebaut und die Querung der Darpestraße ist bereits fertig.
Man kann von hier nach links Richtung Erzbahntrasse fahren oder geradeaus über die Darpestraße auf den bestehenden Rad- und Gehweg zum Autobahndreieck Bochum West.

Querung Darpestraße am RS1
Querung Darpestraße am RS1. Geradeaus Richtung Wattenscheider Straße.

Richtung Erzbahntrasse gib es keinen durchgehenden Radweg. Man muss auf der Fahrbahn fahren.
Entlang der Wattenscheider Straße soll es eine durchgehend fahrradfreundliche Verbindung geben. Diese Strecke ist bereits als »Umfahrungsstrecke Radschnellweg« ausgeschildert.
Allerdings ist auch hier die Trennung vom Autoverkehr unvollständig.

Rad- und Gehweg zum Autobahndreieck Bochum West.

An der Brücke über die A40 gibt es das erste Problem: Eine 130°-Kurve mit einem Kurvenradius von genau 0 cm. Also eine Kurve, die keine ist.

An der Wattenscheider Straße: Nach links geht es Richtung Jahrhunderthalle. Aber: Wo ist die Kurve?
Der innere Kurvenradius – wo das Schild steht – müsste mindestens 2,00 m betragen.
Und: der Radweg nach links ist gar keiner! Das Schild mit den Doppelpfeilen bezieht sich auf die Querung Richtung Bochumer Straße.
In Gegenrichtung landet man beim Abbiegen unweigerlich im Gegenverkehr.
Die Gefahrenstelle am Anfang der Brücke. Ein krasser Konstruktionsfehler. Für Gegenverkehr ist hier überhaupt kein Platz.
Radweg am Autobahndreieck Bochum-West
In Gegenrichtung gesehen: Die nutzbare Breite beträgt gerade einmal 1,15 m. Wo ist hier Platz für zwei Radfahrer?

Die einzige denkbare Lösung: Den Geh- und Radweg auf das Niveau der Brücke anheben und in voller Breite über die Autobahnausfahrt führen. Aufwendig, aber machbar.

Geh- und Radweg in zwei Richtungen ohne jeden Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn.
Pikant: die Ampel hier gilt auch für den Radweg! Sie steht rechts davon.

Auf dem gesamten Zwei-Richtungs-Geh-und-Radweg im Bereich des Autobahndreiecks hat der Radweg keinen Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn. Der ist aber unbedingt erforderlich und müsste 0,75 m breit sein.

Kein Sicherheitstrennstreifen. Besonders wichtig beim Fahren in Gegenrichtung.

Im Mai 2024 hat die Verwaltung einen Sicherheitstrennstreifen hier abgelehnt:
»Ein sinnvoller Abstand kann aufgrund der vorhandenen Breite des gemeinsamen Geh-/ und Radweg und dem geringen Fußgängerinnen-Aufkommen problemlos selbstständig eingehalten werden.«
Ist das so – in jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter und auch bei Dunkelheit?
Können Kinder das auch? Unter allen Bedingungen?
Das ist blanker Zynismus.
Und weiter: »Die Anpassung der Oberfläche (Änderung der Pflasterfarbe) auf einem 50 cm breiten Streifen wird wegen dem hohen Aufwand und damit einhergehenden Kosten als unverhältnismäßig angesehen.« (Beschlussvorlage Nr.: 20240941).
Beide Argumente sind blanker Unsinn: Das Problem wird – wie üblich – auf die Betroffenen abgewälzt. Radfahrer müssen ihre Sicherheit selbst herstellen. Die Stadt Bochum denkt nicht daran, sich an die entsprechenden Regeln zu halten. Eine »Anpassung der Oberfläche« ist zum anderen gar nicht notwendig. Eine Markierung reicht. Und der Sicherheitstrennstreifen müsste 0,75 m und nicht nur 0,50 m breit sein.

Weil der Sicherheitstrennstreifen fehlt, werden Verkehrsschilder einfach auf den Radweg gestellt. Ohne jede Absicherung gegenüber dem Radverkehr in Gegenrichtung.

Mit anderen Worten: Der Radweg ist nicht verkehrssicher. Und das soll ausdrücklich so bleiben.

Kreuzung mit der Goldhammer Straße. Die Ampel steht viel zu weit rechts und erkennt Radfahrer zu spät.
Der Kreuzungsbereich in Gegenrichtung am 4.7.2025. Neue Markierungen. Die Fußgängerfurt ist nicht nutzbar, die Bordsteinabsenkung fehlt. Der Radstreifen links ist viel zu schmal.

Neu gebaut wurde der Radweg zur Goldhammer Straße. Dort ist eine provisorische Ampelanlage aufgebaut, um dem Radverkehr überhaupt die Querung dieser Kreuzung zu ermöglichen. Das war vorher jahrzehntelang in beiden Richtungen weder erlaubt noch möglich.
Allerdings ist das Lichtsignal so aufgestellt, dass es sich nicht im Blickfeld der Radfahrer befindet. Der Mast steht viel zu weit rechts. Die Signalanforderung für den Radverkehr Richtung Jahrhunderthalle funktioniert deshalb nicht richtig. Und Radfahrer sehen das Signal nicht und fahren einfach geradeaus. Das ist unmittelbar verkehrsgefährdend.

Die nördliche Ortsfahrbahn der Wattenscheider Straße ist eine Einbahnstraße und jetzt für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben. Aber der Platz reicht nicht.

Die Ortsfahrbahn Richtung Autobahndreieck: Mit Sicherheitstrennstreifen bleiben gerade mal 2,27 m neben den parkenden Kfz. Mit 0,50 m Abstand zum Bordstein (Gullydeckel) bleiben 1,75 m!

Auf der Fahrbahn wurde und wird nur auf der linken Seite geparkt. Die rechte Seite bleibt frei. Radfahrende in Gegenrichtung müssen also an einer durchgehenden Reihe geparkter Kfz entlangfahren. Den vorgeschriebenen Sicherheitstrennstreifen (0,75 m) gibt es nicht. Es gibt auch keinen Sichtkontakt zwischen Autofahrern und Radfahrern. Jederzeit kann sich eine Tür öffnen.
Kommt ein Fahrzeug entgegen, gibt es keinen Raum zum Ausweichen. Begegnungsverkehr ist nicht möglich.

Kreuzung Wendenstraße. Es gilt Rechts-vor-links.
Genial – und doppelt regelwidrig – geparkt: Von links kommende Autos sind komplett unsichtbar.

Kriminell wird es am Ende der Ortsfahrbahn an der Wendenstraße, wo die Fahrbahn wieder in den vorher schon bestehenden Geh- und Radweg übergeht, der jetzt im Zwei-Richtungs-Verkehr befahren werden soll. Noch auf Höhe des letzten parkenden Autos hat man keine Sicht auf den vorfahrtberechtigten Verkehr von der Wattenscheider Straße. Abbieger können aus beiden (!) Richtungen der Wattenscheider Straße kommen. Gegenüber, vom Radweg her, müssen Radfahrer allen anderen Vorfahrt gewähren.
Hier sind die Vorfahrtsverhältnisse undurchschaubar. Kinder sind mit dieser Situation mit Sicherheit völlig überfordert. Das war auch vorher schon in der normalen Fahrtrichtung so. Aber jetzt ist es noch viel schlimmer. Auch hier ist eine Lichtsignalanlage erforderlich, wie an der Goldhammer Straße.

Kreuzung an der Jahrhunderthalle: Wie geht es hier weiter?
4.7.2025: Neue Markierungen zeigen den Weg. Im Kreuzungsbereich fehlt die Aufstellfläche zum Rechtsabbiegen Richtung Alleestraße und Jahrhunderthalle. Das anschließende indirekte Linksabbiegen zur Jahrhunderthalle funktioniert nicht. Beide Male sind die Lichtzeichen Für Radfahrer kaum zu erkennen.
Rechts abbiegen Richtung Jahrhunderthalle und Alleestraße: Es gibt keine Aufstellfläche!
Das vorhandene Lichtsignal für Radfahrer ist nur sichtbar, wenn man von der Gahlenschen Straße kommt.
Nur dafür war es gedacht.
Wie sollen Familien mit Kindern, Liegerad- oder Lastenradfahrer oder Fahrräder mit Anhängern hier nach rechts abbiegen? Das ist der einzige legale Weg!
Direkt folgend: Indirektes Linksabbiegen Richtung Jahrhunderthalle.
Auf dieser Aufstellfläche müsste Platz sein für fünf Fahrräder (Familien und Gruppen), Liegeräder, Lastenräder und Fahrräder mit Anhängern!

An der viel befahrenen Kreuzung Wattenscheider Straße – Gahlensche Straße – An der Jahrhunderthalle hört jede Möglichkeit des Verstehens auf. In dem Wirrwarr von Fahrbahnen und Radwegen ist schlicht nicht erkennbar, wie es möglich sein soll, Richtung Alleestraße, Gahlensche Straße oder Jahrhunderthalle weiterzufahren. Kompletter Irrsinn.
Ich zitiere das Radverkehrskonzept von 2023, das wiederum die ERA 2010 zitiert:

Alle Knotenpunkte müssen aus den Zufahrten rechtzeitig erkennbar, verständlich, übersichtlich sowie durch Radfahrende zügig und sicher befahrbar sein.

Davon kann hier überhaupt keine Rede sein. Die Kreuzung ist eine Falle.

Darüber hinaus: Das bestehende Stück »Radschnellweg« im Grünen Band Richtung Bessemer Straße ist von dieser Umgehungsstrecke aus gar nicht erreichbar. Die Zufahrt zum Tunnel unter der Alleestraße ist gesperrt.

Radwegende Wattenscheider Straße
Radwegende Wattenscheider Straße. Wo ist die Ausleitung auf die Fahrbahn? Das ist vorsätzliche Verkehrsgefährdung.

Vergleiche:
Wattenscheider Straße – Hansastraße: 40 Mängel und die Antworten der Verwaltung
RS1: A40-Brücke nicht vor 2028

Fazit: Die Stadt Bochum hat sich für diese Umfahrungsstrecke ein sattes »ungenügend« redlich verdient.
Auch und gerade angesichts des ausgedehnten Planungsvorlaufs.
Im Fahrradklima-Test wurde Bochum als »Aufholer« ausgezeichnet. Fraglich ist, welches Ziel die angebliche Aufholjagd hat. Ein fahrradfreundliches Bochum ist offensichtlich nicht das Ziel.

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