Bild: Dekra Vision Zero Map, Deutschland, Großstädte. Mit Herne, ohne Bochum.1
Die ursprünglich in Schweden entwickelte Vision Zero hat sich als Leitbild für die Verkehrssicherheitsarbeit in vielen Ländern der Welt etabliert. Ihr Ziel ist ein Straßenverkehr ohne Getötete und Schwerverletzte – nach dem Motto »Niemand kommt um, alle kommen an.« Wo die Vision Zero Maßstab des Handelns ist, werden alle Maßnahmen und Entscheidungen rund um den Straßenverkehr vor diesem Hintergrund getroffen.
Helsinki (684.000 Einwohner) hat vor kurzem Schlagzeilen gemacht. In Helsinki ist die Vision Zero, als null getötete Menschen im Straßenverkehr, für ein Jahr Realität geworden. Zwischen Juli 2024 und Juli 2025 starb kein einziger Mensch bei Unfällen auf den Straßen der finnischen Hauptstadt.
Vision Zero wurde Ende der 1990er Jahre in Schweden erstmals auf den Bereich des Straßenverkehrs angewendet. Im Zentrum aller Bestrebungen stehen Leben und Gesundheit des Menschen. Eine Grundannahme von Vision Zero ist, dass Menschen Fehler machen. Daher müssen Systeme so gestaltet werden, dass diese Fehler nicht zu lebensbedrohlichen Verletzungen oder Erkrankungen führen.
Schon weit mehr als 1.200 Städte in der Welt haben längst bewiesen, dass das Ziel in Bezug auf die Getöteten schon erreichbar ist.
Selbst unter den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern haben fast 300 das Ziel der Vision Zero schon in mindestens einem Jahr erreicht.
Die ‚Vision Zero‘ als Ziel anzustreben, ist die einzig richtige Strategie – denn jeder Mensch, der im Straßenverkehr getötet wird, ist einer zu viel.
Jann Fehlauer, Executive Vice President der DEKRA Gruppe und Geschäftsführer der DEKRA Automobil GmbH.2
In Städten wie Helsinki wurde die Vision Zero durch systematische Abarbeitung von Maßnahmenpaketen wie insbesondere die flächenübergreifende Geschwindigkeitsreduzierung für Kfz, den physischen Umbau von Kreuzungen und den Ausbau des Nahverkehrs bereits für einzelne Jahre erreicht.
Mehr als 75 Prozent aller Strecken werden mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt. Autos sind also gar nicht so dominant.
In den 60er-Jahren waren in Helsinki jährlich 30 bis 40 Fußgänger-Unfalltote normal. Die wichtigste Sicherheitsmaßnahme war, dass ab den Siebzigern die Geschwindigkeitsbegrenzungen schrittweise gesenkt wurden. 2018 haben wir als letzten Schritt die Senkung von 50 auf 40 km/h auf alle Hauptstraßen ausgeweitet und in den übrigen Straßen von 40 auf 30 km/h.
Anni Sinnemäki, Helsinkis stellvertretende Bürgermeisterin für Stadtentwicklung, 20213
In Deutschland beschloss 2007 der Deutsche Verkehrssicherheitsrat Vision Zero zur Grundlage seiner Verkehrssicherheitsarbeit zu machen. Mit der Novelle der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 8. November 2021 hat die „Vision Zero“ Einzug in ebendiese Verwaltungsvorschrift erhalten: Seitdem schreibt der § 1 der VwV-StVO als verbindliche Vorgabe vor, die Vision Zero (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) zur „Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen“ zu machen
Die DEKRA Vision Zero Map umfasst aktuell 29 Länder der Welt und verzeichnet alle Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern, in denen seit 2009 in mindestens einem Kalenderjahr innerorts niemand im Straßenverkehr ums Leben gekommen ist. Der Farbcode zeigt dabei an, wie häufig die Vision Zero jeweils im urbanen Bereich in diesen Jahren erreicht wurde.
Bochum kommt in dieser Karte nicht vor.
Wenn man von Bochum aus nach Vorbildern für die Vision Zero sucht, muss man erstaunlicherweise trotzdem nicht weit schauen:
Eine Bochumer Nachbarstadt hat das Teilziel »Null Verkehrstote« laut Dekra-Karte schon sieben mal erreicht: Herne. Recklinghausen war sechs mal dabei und Gelsenkirchen immerhin einmal.

Es gibt in Deutschland allerdings keine Großstadt mit mehr als 300.000 Einwohnern, die in der Dekra-Karte auftaucht. Weltweit haben überhaupt nur zwei Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern das Ziel erreicht:
Wandsworth in England (einmal) und Espoo in Finnland (drei mal).
Beide sind kleiner als Bochum. Helsinki hat also zu Recht Schlagzeilen gemacht.
Das Polizeipräsidium Bochum liegt bei der Verkehrssicherheit im Landesvergleich (2024) auf Platz 1. In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Polizeibehörde, in der weniger Menschen bei Verkehrsunfällen verunglückt sind.5
Die Statistik führt dabei ein wenig in die Irre: Bochum, Herne und Witten gehören zu demselben Polizeipräsidium.
In Bochum (375.200 Einwohner) stieg die Anzahl der Verkehrsunfalltoten 2024 von 2 auf 6 (+4).
In Herne (155.850 Einwohner) stieg die Anzahl der Verkehrsunfalltoten von 0 auf 1 (+1).
In Witten (98.200 Einwohner) blieb die Zahl der Verkehrsunfalltoten konstant bei 2 (+/-0).
Quellen:
https://www.dekra-vision-zero.com/map (Karte)
https://www.dekra.de/de/ziel-von-null-verkehrstoten-ist-erreichbar/
https://de.wikipedia.org/wiki/Vision_Zero
https://www.heise.de/hintergrund/Fahrradverkehr-Wie-Finnlands-Hauptstatd-die-Unfallzahlen-herunterbrachte-4991802.html
https://bochum.polizei.nrw/sites/default/files/2025-03/vu-statistik_2024_pp-bochum_0.pdf
- https://www.dekra-vision-zero.com/map ↩︎
- https://www.dekra.de/de/ziel-von-null-verkehrstoten-ist-erreichbar/ ↩︎
- https://www.heise.de/hintergrund/Fahrradverkehr-Wie-Finnlands-Hauptstatd-die-Unfallzahlen-herunterbrachte-4991802.html (2021) ↩︎
- https://urbanradeling.de/?p=1602 ↩︎
- https://bochum.polizei.nrw/sites/default/files/2025-03/vu-statistik_2024_pp-bochum_0.pdf ↩︎